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Stefan Redel
08.08.2006, 11:15
Vorbild Auge: Flüssige Mikrolinse für Handykameras

Madison (USA)/Eindhoven (Niederlande) - Mit mehreren Millionen Bildpunkten protzen mittlerweile sogar CCD-Chips in Mobiltelefonen. Doch es hilft wenig: Die Qualität der Fotos bleibt wegen der kleinen Objektive mit starrer Brennweite und ohne Zoomfunktion äußerst mäßig. Für leistungsfähigere und dennoch winzige Optiken mit Autofocus und Zoom haben nun amerikanische Wissenschaftler eine Mikrolinse entwickelt, die mit Hydrogelen die Adaptionseigenschaften natürlicher Linsensysteme von Augen nachempfinden. Einen Prototyp einer solchen Flüssiglinse präsentieren sie in der Zeitschrift "Nature".

"Die zentrale Komponente ist ein regelbares Hydrogel, das in ein mikrofluidisches System integriert wurde", schreiben Hongrui Jiang und seine Kollegen von der University of Wisconsin in Madison. Für die Veränderung der Brennweite der Linse nutzten die Forscher ein Zwei-Phasen-System aus Wasser und Öl. Damit verwirklichten sie Flüssiglinsen mit Durchmessern zwischen einem halben und einigen Millimetern. Je nach der Wölbung des Wassertropfens muss ein einfallender Lichtstrahl einen längeren Weg entweder durch die Wasser- oder die Ölkomponente zurücklegen. Da sowohl eine konkave als auch eine konvexe Krümmung des Meniskus des Wassertropfens möglich ist, ist die Linse variabel einstellbar und kann das Licht entweder bündeln oder streuen.

Zur Regelung der Tropfenwölbung positionierte Jiang um die zweiphasige Flüssiglinse einen Ring aus Hydrogel. Diese weichen Polymere reagieren wahlweise auf Temperatur- oder pH-Wert-Änderungen. Das wärmeempfindliche Hydrogel-Gemisch zieht sich bei Abkühlung zusammen und dehnt sich bei Erwärmung aus. Die Versuche zeigten, dass die Linse zwischen 23° und 33° Celsius das Licht streut (Brennweite -11,7 mm bis - unendlich) und zwischen 33° und 47° die Strahlen bündelt (22,8 mm bis unendlich). Das zweite Gemisch dagegen zeigt ein vergleichbares Verhalten, wenn der pH-Wert um das Gel zwischen sauren 2 und basischen 10 schwankt.

Eine technische Anwendung solcher Hydrogel-Flüssiglinsen in Handykameras ist allerdings nicht so bald zu erwarten. Denn mit Einstellzeiten von bis zu 25 Sekunden ist das System zu langsam. Zudem lassen sich verschiedene Temperaturen oder gar der pH-Wert nicht einfach und schnell regeln. Doch für optische Analysesysteme in der medizinischen Diagnostik oder bei Lab-on-Chip-Technologien spielt die Fokussierzeit eine untergeordnete Rolle. Mit einer weiteren Miniaturisierung hoffen die Forscher, schnellere Einstellzeiten zu erzielen.

Mit Fokussierzeiten von nur zehn Millisekunden reagieren Flüssiglinsen von Forschern des Elektronikkonzerns Philips schon jetzt deutlich schneller. Auch diese Optiken basieren auf Zweiphasen-Systemen aus Wasser und Öl. Eingefüllt in eine rund zwei Millimeter lange und drei Millimeter breite Röhre, brechen die beiden Flüssigkeiten sichtbares Licht unterschiedlich stark. Für eine Steuerung der Brennweite ebenfalls über die Tropfenwölbung beschichteten sie die Wände dieses winzigen Linsenbehälters mit einem hydrophoben, Wasser abstoßenden Lack. Das ermöglicht über einen Stromfluss eine viel einfachere Kontrolle der Brennweite als über pH-Wert oder Temperaturänderungen.

Ohne Stromfluss stößt sich die wässrige Lösung von den Innenwand ab und formt eine hemisphärische Flüssiglinse in der Röhre. Wird nun jedoch ein elektrisches Feld an die Innenwand angelegt, nimmt die Wasser abstoßende Eigenschaft der Beschichtung ab. Dadurch kann sich die wässrige Linse je nach angelegter Spannung wieder an die Wand anschmiegen und verändert die Form der Linse von "konkav" über "flach" bis nach "konvex". "Electrowetting", übersetzt "elektrische Benetzung", nennen die Forscher diesen Effekt. Zeitgleich strömt das Öl in den freiwerdenden Raum nach und beeinflusst das Brechungsverhalten der Linse. Beide Effekte zusammen verändern im Bruchteil einer Sekunde die Brennweite und erlauben prinzipiell ein extrem schnelles und günstiges Autofokus-System. Diese Flüssiglinsen sind in ihrer Entwicklung mittlerweile so weit, dass noch in diesem Jahrzehnt mit ersten Produkten zu rechnen ist. (wsa060803jol1)

Autor: Jan Oliver Löfken
Quelle: Nature, Philips

Christoph Hemker
08.08.2006, 14:20
ja ist doch mal was.. wird ja auch mal zeit, dass die ultrakompakten etwas an Qualität gewinnen..