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jar
24.12.2002, 11:40
alle in der canon D-Gemeinde
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jar

Klausi
24.12.2002, 13:30
Hallo D60er,

also ein besinnliches Weihnachstfest wünsche ich Euch allen. Mein Akkus sind für das Blitzlichtgewitter heute abend bereits randvoll und die Ausrüstung durchgecheckt. Heute ist L-time! (Also (L)eihnachtsmann)?
Ach was. Im Zweifel bringt´s halt das Christkind.

Die Geschichte vom Weihnachtsmann habe ich gerade bei Spiegel-Online entdeckt und will sie Euch nicht vorenthalten.

Viel Spaß beim Lesen.

Gruß
Klausi



Im Jahre 1897 schrieb Virginia O'Hanlon einen der berühmtesten Leserbriefe der Pressegeschichte. "Sag mir bitte die Wahrheit", drängte sie die Redaktion der "New York Sun", "gibt es den Weihnachtsmann?" Die Antwort auf diese Frage ist berühmt, aber sie bleibt auch umstritten.

Top-Job: der Tagesverdienst für Weihnachtsmänner ist nicht schlecht. Ihre Arbeitsmöglichkeiten sind jedoch saisonbedingt stark eingeschränkt

Ganz unten: 5. Dezember 1982
"Wie ich heiiiiißeee?", quietscht die Kleine empört und sieht mich an, als hätte ich gerade mit ihren Meerschweinchen jongliert, "aber das habe ich Dir doch schon heute Mittag gesagt!"

"Lass doch den Nikolaus in Ruhe, Schatz", sagt Mami, "der kann sich doch gar nicht alle Kinder merken. Ist doch schon ein alter Mann!" Sie nickt mir aufmunternd zu. Ich versuche zu lächeln, während ich versuche, mit der Zunge ein wenig von der Watte zwischen meinen Vorderzähnen zu entfernen. "Pfffft", mache ich so leise wie möglich.

"Der ist doch sowieso tot", sagt das Engelchen, "hat die Frau Schuster im Kindergarten gesagt. Der sitzt da zur Erinnerung!"

Wo ist Knecht Ruprecht? Nie da, wenn man ihn braucht.

Nein. Ich bin kein alter Mann, nicht tot, sitze hier nicht als Denkmal, sitze hier wegen des Geldes, aus keinem anderen Grund. Außerdem bin ich viel zu dünn.

"Der ist doch viel zu dünn!" hatte sogar der Chef gesagt, als er mich das erste Mal sah. "Dicke alte Säcke", dachte ich mir heimlich, "waren gerade aus". ********. Kein Mangel an Masse, den man mit Talent und Material nicht ausgleichen könnte. "Ach, lassen Sie mal. Das machen wir schon!", hatte eine der Verkäuferinnen gekichert.

Und sie machten. Deshalb kann ich mich jetzt auch kaum bewegen, weil sonst die Kissen, die mich auf Nikolaus-kompatible Größe bringen, sich von Bauch- auf Kniehöhe begeben. "Cooler Job", hatte Martin gesagt, "leichter als als Nikolaus haste die Kröten noch nie verdient." Ob ich die Kröten verdient habe, die seit Stunden auf meinen Knien herumkrabbeln, wage ich zu bezweifeln.

Zwölf lange Stunden Nikolaus im Schuhgeschäft. Das gibt am Ende 144 Mark auf die Kralle. 1982 ist das viel, gerade, wenn man mit dem Studium beginnt. Außerdem erkennt einen auch keiner. "Sag mal", fragt ein kleiner Junge, "bist du echt?"

"Hoho", versuche ich durch die Wattepuschel in meinem Mund zu brummen, "natürlöch bön öch öcht".

"Darf ich mal am Bart ziehen?"

Klar.
Von mir aus. Ihr dürft und könnt alles, und vor allem mich mal gern haben. Nie wieder Nikolaus!


Indizien: Würden sich die ernsthaften Tagesschau-Sprecher zum Nikolaus machen, wenn es den gar nicht gäbe?


20 Jahre später: Ungeklärte Fragen

Dreizehn Kilo schwerer stehe ich noch immer vor denselben Fragen. "Jetzt sag doch mal ehrlich", drängt Kai, "die lachen in der Schule!"

"Hab ich doch schon erklärt", sage ich, und höre meiner eigenen Stimme an, dass die Antwort noch nicht mal mich selbst befriedigt. Dass der Nikolaus, Weihnachtsmann oder weiß der Fuchs wie man ihn noch nennt, wirklich mal gelebt hat. Ein guter Mensch war, an den man sich seitdem erinnert, weil er ein Beispiel gegeben hat. Dass nicht er selbst, aber sein Geist, sein Beispiel fortlebt. Und wenn man das in seinem Herzen findet, dann lebt er auch, der...

"Ne, jetzt wirklich! Red doch nicht so'n doofes Zeug. Ja oder nein?"

Sarah schickt mir eines ihrer Augen-Telegramme. "Lieber ******** - Stopp", steht darin, "muss das erstens beim Essen - Stopp - zweitens direkt vor Weihnachten sein -stopp?"

"Und außerdem: Kommt dann ein Weihnachtsmann oder ein Christkind?", quengelt Kai.

Nein, es ist nicht leicht. Es geht ja nicht um irgendwelche Heilige, die irgendwann mal in der Türkei lebten, bevor sie erst nach Finnland, und Coca-Cola-sei-Dank später rot und modisch aufgepeppt an den Nordpol umzogen, um das traditionelle Christkind (eine arbeitslose heidnische Göttin, eine Art Fee) obdachlos zu machen.

Es geht um Magie.

Und die lässt man entweder zu, oder man lässt es bleiben.

Francis P. Church hat das gewusst, damals, 1897. Da schrieb er eines der berühmtesten Zeitungs-Editorials aller Zeiten, als Antwort auf den Leserbrief eines achtjährigen Mädchens. Das wollte von ihm wissen, ob es den Weihnachtsmann gibt.

Was für eine Frage, antwortete Church, da könntest Du glatt aufhören, an Elfen zu glauben. Oder an Dich selbst. "Wie öde wäre die Welt", schrieb Church, "wenn es keinen Santa Claus gäbe!" Und weiter: "Es gäbe keinen kindlichen Glauben mehr, keine Poesie, keine Romantik, um diese Existenz erträglich zu machen."


Ortungsservice: Der "Spotter" beobachtet den Flug des Nikolaus. Gegen Gebühr meldet er sogar den Anflug aufs Haus


Church gelang das Kunststück, eine Antwort zu geben, die ihre Bedeutung erst im Kopf, Magen oder Herz eines Menschen gewinnt. Die etwas anderes bedeutet, wenn man sie mit Acht hört, als mit 18 oder 38. In der keine Lüge ist. Die Ja und Nein, Weiß und Schwarz heißt, ohne die Dinge grau zu machen. Magisch.

Luftraumüberwachung

Also gibt es ihn doch, den Weihnachtsmann? Auch jenseits der Schuhgeschäfte?

Vielleicht. Es gibt weder Beweise dafür, noch dagegen. Es gibt Millionen von Indizien.

Und natürlich gibt es gute, stichhaltige Gründe, warum man aus einer streng naturwissenschaftlichen Sicht der Dinge die Frage nach seiner Existenz klar abschlägig beantworten müsste.

Rein rechnerisch, so war das Anfang der Neunziger einem Zahlenspiel in einer englischen Zeitschrift zu entnehmen, bliebe dem Weihnachtsmann - davon ausgehend, das er die Kinder christlicher Familien in aller Welt persönlich besucht - für jede Stippvisite circa 1/1000 Sekunde. Und das auch nur, weil er durch seine Reiserichtung (von Ost nach West) den Weihnachtstag auf 31 Stunden Länge dehnt. Sonst müsste er nämlich noch mehr als 822,6 Kinder pro Sekunde schaffen - und dass das nicht geht, kann man ja wohl einsehen.

Nicht zuletzt schon deshalb, weil er die natürliche Geschwindigkeitsbegrenzung für Rentiere (ca. 24 km/h) deutlich und dauernd überschreitet: Seine Reisegeschwindigkeit liegt rein rechnerisch bei rund 1040 Kilometern pro Sekunde. Und das bei einer Zuladung von 378.000 Tonnen, wenn man davon ausgeht, dass jedes Kind nur Geschenke mit einem Gesamtgewicht von einem Kilogramm bekommt.

Masse und Geschwindigkeit im Verbund mit Luftwiderstand würden dann dazu führen, dass binnen fünf Tausendstel Sekunden die Rentiere evaporieren würden und der Weihnachtsmann mit einer Kraft von 20,6 Millionen Newton an der Rückwand des Schlittens zerquetscht würde. "Damit", hieß es abschließend, "kommen wir zu dem Schluss: Wenn der Weihnachtsmann irgendwann einmal die Geschenke gebracht hat, ist er heute tot."

Der erwies sich allerdings als unkaputtbar, was die wissenschaftliche Fraktion längst zu neuen Zahlenspielen inspiriert hat.


IM INTERNET

· "Yes, Virginia": Das berühmte Weihnachtsmann-Editorial aus der "New York Sun", 1897

· Weihnachtsmann-Tracking: Norad verfolgt ihn per Radar um die Welt!

· Weihnachtlicher Ortungsdienst: Der "Santa Claus Spotter"

· Mehr Weihnachtsmann-Wissenschaft: Jenseits der Naturgesetze

· Das Nasa-Interview: Die Space-Pläne des Weihnachtsmannes

· Begeisterungs-Täter: Die Weihnachts-Deko von Bill, Archy, Josh, Diane and Joshua Clot, Pinecrest, Florida

· Mysteriös: Angeblicher Weihnachtsmann-Wohnort, scheinbar unbewohnt

· Finland: Auch hier lebt er angeblich

Wie langweilig. Wie phantasielos

Mag ja alles wahr sein. Der Knackpunkt, des Pudels Kern ist doch ein ganz anderer: Wahr oder nicht wahr ist nicht die Frage. Schön oder nicht schön bringt es auf den Punkt.

Deshalb erblöden sich ja Millionen Menschen jedes Jahr, Unmengen von Geld in die sukzessive Aufrüstung der Illuminierungs-Ausstattung für Haus, Hof und Garten zu investieren. Da geht es um Moneten und Megawatt, um neidische Nachbarn, und immer wieder auch um staunende Kinder und Passanten.

Auch weit jenseits der christlich geprägten Welt leben ganze Industrien von der Weihnacht. Und tatsächlich gehören batteriebetriebene Ansteck-Weihnachtskerzen GWK 9091 aus Japan seit langem zu den Highlights der mitteleuropäischen Weihnacht. Nicht wegen der Kerzen, sondern wegen der Gebrauchsanweisung:


" Mit sensazionell Modell GWK 9091 Sie bekomen nicht teutonische Gemutlichkeit fuer trautes Heim nur, auch Erfolg als moderner Mensch bei anderes Geschleckt nach Weihnachtsganz aufgegessen und laenger, weil Batterie viel Zeit gut lange.
Zu erreischen Gluckseligkeit unter finstrem Tann, ganz einfach Handbedienung von GWK 9091:
1. Auspack und freu.
2. Slippel A kaum abbiegen und verklappen in Gegenstippel B fuer Illumination von GWK 9091.
3. Mit Klamer C in Sacco oder Jacke von Lebenspartner einfraesen und laecheln fuer Erfolg mit GWK 9091.
4. Fuer eigens Weihnachtsfeierung GWK 9091 setzen auf Tisch.
5. Fuer kaput oder Batterie mehr zu Gemutlichkeit beschweren an: wir, Bismarckstrasse 4.
Fuer neue Batterie alt Batterie zurueck fuer Sauberwelt in deutscher Wald."
Schön ist das. Während sich GWK 9091 am deutschen Markt nicht wirklich hat durchsetzen können, kann man das von der Gebrauchsanweisung durchaus sagen. Öffentlich gemacht hat sie die Hannoversche "Neue Presse". Seitdem sorgen ihre Leser im Internet dafür, dass man die frohe Kunde von GWK 9091 auch außerhalb Hannovers hört.


Norad, die Augen Amerikas: Wenn wer Bescheid weiß, was im US-Luftraum passiert, dann ist das Norad


Denn das ist der Geist der Weihnacht: Licht ins Dunkel zu bringen. Wer sich fünfhundert GWK 9091 ins Fenster stellt, tut dies zur Freude der Mitmenschen in und außerhalb der Batterienindustrie. Wer sein Haus so schmückt, will, dass es möglichst viele Menschen sehen.

Zahlreiche amerikanische Familien stellen darum stolz ihre Lichtertempel im WWW aus, weil sie glauben, die ihrigen seien die schönsten Weihnachtsdekos weltweit. Das liegt daran, dass die meisten Amerikaner zur Weihnachtssaison (Ende September bis Ende Februar) noch nie im Ruhrgebiet waren: Was da im erweiterten Advent zu sehen ist, kann man nur erklären, wenn man a) an Wunder glaubt oder b) daran, dass die Leute alle ein eigenes Kraftwerk betreiben.

Ich tendiere in Richtung Wunderglaube, zumindest im Advent.

Das tun anscheinend auch die zumindest im Dienst meist nüchternden Militärs vom Norad-Netzwerk: Die beobachten unablässig den Himmel und suchen dort gemeinhin nach Raketen aus Schurkenstaaten. Von denen haben sie noch keine entdeckt, doch zum Glück ist auf jemand anderes viel mehr Verlass: Alljährlich zieht ja der Weihnachtsmann mit dreitausendfacher Schallgeschwindigkeit in seinem Schlitten übers Firmament. Natürlich genauestens beobachtet von Norad, die zudem an Heiligabend alle Kinder zusehen lassen.

Aufmerksame, netaffine Kinder haben sowieso längst erkannt, dass dumme Erwachsene die ganze Größe des Weihnachtsmann-Rätsels nicht begriffen haben. Denn während bei Norad der Weihnachtsmann noch über Kentucky rast, ist er beim zivilen Santa-Claus-Spotter schon über England.

Unmöglich? Der Beweis, das es sich bei diesem von Norad alljährlich beobachteten UFO doch nicht um einen prall gefüllten, von Rentieren gezogenen Schlitten handelt?

Aber nein. Er ist halt nicht nur hyperschnell, unser Weihnachtsmann, sondern einfach überall zur gleichen Zeit. Er steht außerhalb der Naturgesetze. So einfach ist das, denn eine andere Erklärung kann es ja nicht geben. Denn wenn überhaupt, gibt es ja nur einen Weihnachtsmann.