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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kann mir mal jemand lebensnah ein Tele-Macro erklären?



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03.11.2003, 22:46
Hi allesamt,
ich verstehe das Prinzip von Telemacros noch nicht so recht. Ich hatte z.B. das Sigma 3,5/180 im Visier und war beim näheren Lesen darauf gestoßen, dass die Fluchtdistanz gerade mal einen halben Meter beträgt bei einem Abb.-Maßstab von 1:1.
Na klasse, und was sagt mir das jetzt?
1. 'Selbst' bei einem halben Meter wird die Libelle und anderes Kleinviech das weite suchen.
2. Was heißt Abb.-Maßstab von 1:1? Wenn damit formatfüllend gemeint ist, und so verstehe ich das derzeit, ist das denn nicht entscheidend abhängig von der Größe des Motivs? Eine Sonnenblume formatfüllend oder eine Fliege? Und...wie weit kann ich mich mit dem Telemacro maximal entfernen, dass die Aufnahme noch gelingt?
Fragen über Fragen...
VG
Micha

Micha67
03.11.2003, 23:16
> ich verstehe das Prinzip von Telemacros noch nicht so recht. Ich
> hatte z.B. das Sigma 3,5/180 im Visier und war beim näheren Lesen darauf gestoßen,
> dass die Fluchtdistanz gerade mal einen halben Meter beträgt bei einem Abb.-Maßstab
> von 1:1.
> Na klasse, und was sagt mir das jetzt?

Daß Du einen Käfer mit 2,2 cm Länge aus einem bestimmten Abstand formatfüllend aufs Bild bekommst. Dieser beträgt allerdings nicht 50 cm, sondern lediglich 22-25 cm.

> 1. 'Selbst' bei einem halben
> Meter wird die Libelle und anderes Kleinviech das weite suchen.

Die Libelle 1. größer als 2,2 cm, und auch schon schön im Bild erkennbar, wenn sie nicht unbedingt das ganze Bild ausfüllt. Also: Beim Anpirschen erste Aufnahmen aus 1,5-2 Metern machen, dann nähergehen und immer weiterfotografieren. Wenn Du bis einen halben Meter herankamst, dann ist die Libelle mit 4,5 cm Spannweite formatfüllend auf dem Bild.
Wenn Du das gleiche Manöver mit einem 100er Macro versuchst, so musst Du sogar auf die halbe Entfernung herankommen, ohne daß die Libelle abfliegt.
Wenn Du das 180mm-Macro sogar mit Telekonverter betreibst, dann wird die Fluchtdistanz entsprechend der Brennweitenveränderung ansteigen, wobei allerdings das Verwacklungsrisiko durch die Lichteinbuße und den engen Bildwinkel dramatisch ansteigt.

> 2. Was heißt Abb.-Maßstab von 1:1?

Etwas, das real 2,2 cm groß ist, wird in 1:1-Maßstab - also 2,2 cm Größe - auf dem Chip der DSLR abgebildet und ist damit Format-füllend (sie Sensorbreite beträgt knapp über 2,2 cm).

> Wenn damit formatfüllend gemeint ist, und so verstehe ich das derzeit, ist
> das denn nicht entscheidend abhängig von der Größe des Motivs? Eine Sonnenblume formatfüllend
> oder eine Fliege? Und...wie weit kann ich mich mit dem Telemacro maximal entfernen,
> dass die Aufnahme noch gelingt?

Für die Sonnenblume wirst Du kaum ein Telemacro benötigen, das haut auch noch mit einem normalen Tele hin. Wenn Du aber näher heranwillst, dann bietet Dir das Macro eine Fokussiermöglichkeit bis Abbildungsmaßstab 1:1 (oder in manchen Fällen 1:2).

Michael Kolb
04.11.2003, 00:38
Ich versuch mich auch gerade in Makroobjektive und Makrofotografie einzulesen und hab die gleichen Verständnisprobleme.

Der CCD-Chip ist also 2,2cm breit und bei einem Objektiv mit Abbildungsmasstab von 1:1 ist der kleinste Bildbereich den ich scharf fotografieren kann 2,2cm breit? Wenn ich noch näher mit der Kamera an das Objekt rangeh wirds unscharf?
Hab ich das jetzt richtig verstanden?
Danke im vorraus

Michi

Micha67
04.11.2003, 01:02
> Der CCD-Chip ist also 2,2cm breit und
> bei einem Objektiv mit Abbildungsmasstab von 1:1 ist der kleinste Bildbereich den
> ich scharf fotografieren kann 2,2cm breit? Wenn ich noch näher mit der Kamera an
> das Objekt rangeh wirds unscharf?
> Hab ich das jetzt richtig verstanden?

Genau, ohne zusätzliche Hilfsmittel wird es dann unscharf. Andererseits 2,2 cm auf 3000 Pixel zu verteilen bedeutet bereits nur noch 7 Mikrometer pro Pixel! Dies ist bereits der Durchmesser einer einzigen Wald-und-Wiesen-Zelle. Eine einzige reife Eizelle hat einen Durchmesser von ca. 150 Mikrometern (Mensch) oder 800 Mikrometern (Frosch).

Wenn man tatsächlich noch näher ran will, dann ist wiederum das ganze Arsenal an Hilfsmitteln von ein- und zweilinsigen Nahlinsen, Telekonvertern, Zwischenringen und Balgengeräten zur Verfügung. All das sind dann (vielleicht mit der Ausnahme der zweilinsigen Nahlinse) ebenso wieder Krückenlösungen wie die Verwendung dieser Hilfsmittel an 'non-Makroobjektiven'.

Andere Spielarten sind das Tandem-Kopeln einer lichtstarken 50er Optik umgekehrt vor ein 100er oder längeres Grundobjektiv, ein Lupenobjektiv, ein spezieller Balgenkopf, eine Zörk-Macrolinse, ein life-size Konverter oder gar der Mikroskop-Adapter.

Einzig sinnvoll um die Auflösung weiter zu erhalten wäre dann das Lupenobjektiv (bis 6:1). Wer noch zu einem alten manuellen Lupenobjektiv von Canon für Balgen hat, der kann nötigenfalls auch dieses verwenden. Weiter geht es dann noch mit dem Mikroskop-Adapter und einem Objektiv mit möglichst hoher Fertigungspräzision und numerischer Apertur. Mit den derzeitigen Spitzenobjektiven kommt man dann auf die physikalische Auflösungsgrenze, die bei ca. 300-350 Nanometern liegt. Dabei erschliesst sich dann insbesondere mit fluoreszenz-Sonden eine ganz neue Welt. Der 'Fotograf' im klassischen Sinne wird sich jedoch nur selten in dieses Terrain vorpirschen ;-)

Gustav Krulis
04.11.2003, 11:29
das Mikro-/Makro-Explorer System von Raynox ist im untersten Mikro-Bereich (6, 12 und 24 Dioptrin Vorsatzsinse) eine preisgünsitge Angelegenheit und optisch recht gut.

scanline
04.11.2003, 18:51
ok, soweit verstanden, vielen Dank für die Erklärung erstmal an dieser Stelle!

Jetzt frage ich mich noch, warum das Ding 'Tele'-Macro heißt?!
Heißt das, ich kann das Ding alsd Teleobjektiv mit einer 180er Brennweite gebrauchen, oder heißt das nur, dass ich einen halben Meter Fluchtdistanz habe? Womit sich parallel die Frage anschließt, ab welcher Entfernung das DIng unbrauchbar wird.

Noch was anderes...habe zwar schon das Forum zu nachstehender Frage durchforstet und jede Menge Antworten gefunden, aber keine die mir weiterhelfen. Es geht um das Sigma 3,5/180 Macro. Das ist mir von allen Seiten wärmstens ans Herz gelegt worden bis ich den aktuellen Macrovergleichstest hier las und aus allen Wolken gefallen bin! Die Suche hier im Forum ergab kein schlüssiges Resultat. Einerseits heißt es 'Serientoleranz' (von Gurke bis Hochleistungsmacro kann alles passieren beim Kauf), was mit ausreichend Reklamationen kompensiert sein sollte, zum anderen ist auch eine 'Finger-weg!'-Tendenz zu spüren.
Jetzt bin ich völlig verunsichert. Im Macro-Vergleichstest wurde das Tamron SP90 als vergleichsweise herausragend eingestuft. Das es günstiger ist, tut in dem Zusammenhang auch eher gut. Meine Frage geht somit auch in die Richtung: Ist zwischen dem 180er und 90er hinsihtlich Brennweite/Fluchtdistanz in der Praxis ein so großer Unterschied, dass man guten Gewissens den doppelten Preis für 180 zahlen sollte?
Ich muss dazu sagen, dass ich nicht aus der SLR-Fotografie komme, und absolut keine Erfahrungen damit habe. Ich knipse bislang mit der Oly C3020 und steige jetzt auf die EOS 300D um. Es ist irre schwer sich für 'das richtiger' Objektiv zu entscheiden, wenn man NIE EINES IN DER HAND HATTE und die Meinungen im Internet in Sachen Objektive ebenso subjektiv wie kontrovers und teils widersprüchlich sind! Ich weiß echt nicht weiter.
Also nochmal:
Tamron SP90 wirklich zu empfehlen oder ein spürbarer Kompromiss zur 180er Brennweite?
Ist das Sigma 3,5/180 wirklich so schlecht oder ist es wahrscheinlicher dass HKO ne ausgesprochene Gurke erwischt hat?

Viele Grüße
Micha

pabchem
04.11.2003, 21:48
Hi!

Ein 180 mm Makro ist einfach ein Teleobjektiv - schon allein durch die Brennweite. Zusätzlich zu einem 180 mm Tele kann ein Makro (durch eingebaute 'Makroschnecke') auf sehr viel kürzere Distanzen scharf stellen. Meist ist das 1:1 (das wurde ja schon erklärt). Darauf sind normale Objektive nicht gerechnet, man kann allerdings mit Zwischenringen/Nahlinsen nachhelfen.

Nach Deinem Posting ist das 180er doppelt so teuer wie das 90er, Du mußt mit dem 90er nur doppelt so nahe ans Objekt wie mit dem 180er (Stichwort Fluchtdistanz!). Wenn man an die Schärfentiefe denkt, dann hat man man bei den kürzeren Macros meist noch weniger (bei voller Öffnung, man muß also abblenden (wichtig: Abblendtaste zur Abschätzung der Schärfentiefe)). Das wird wiederum bei einem 180er Macro auch wieder ärgerlich, denn Abblenden = längere Belichtungszeit = größere Verwackelungsgefahr = meist: Stativ = inkompatibel zum Anpirschen.

Also: Du mußt Dir gut überlegen, was Du fotografieren willst. Wenn es um 'fliehende' Objekte geht, dann ermöglicht Dir das 180er u.U. Fotos, die Du mit einem 90er/100er nicht gekriegt hättest. Und: Du hast ein top-Tele dazu. Für Portraits sind Macros aber nicht unbedingt zu empfehlen, dazu sind sie einfach zu scharf.

Hoffe, das war nicht zuviel Text...
Greetings!

pabchem
04.11.2003, 21:59
Hi nochmal, noch was vergessen...

Jedes Macro-Objektiv kann auch bis unendlich fokussieren! Das gilt für die anderen Tricks wie Zwischenring/Nahlinse nicht, aber das kann man ja abbauen, wenn man normal fotografieren möchte. Der einzige Nachteil ist eine geringere Autofokusgeschwindigkeit (für Macro auch nicht wirklich zu empfehlen, das geht auf MF besser) und wenn sich der AF vertut und Du nicht den Fokusbereich begrenzt hast, dann dauert das ewig bis er endlich wieder am richtigen Ende der Skala ankommt...

Zu Tamron/Tokina/Sigma: Fremdhersteller-Objektive können mehr Probleme machen als original Canon für Canon. Das gab's früher (vor der Digitalzeit) auch schon, daß ältere Sigmas an neuen Kameras einfach nicht laufen wollten. Sigma scheint eine größere Serienstreuung zu haben, womit die Wahrscheinlichkeit steigt, eine 'Gurke' abzukriegen. Ich kenne das 180er Canon-Macro, ein echt tolles Teil (aber noch teurer...).

Noch ein Tipp: versuch Doch einfach ein 180er Macro und ein 90er/100er Macro auszuleihen, es gibt einige Fotogeschäfte, die sowas machen und probier's einfach aus. Vielleicht langt Dir auch ein Besuch beim Fachhändler.

Das war jetzt fast mehr Text, als mein vorhergehendes Posting...
Cheers!

scanline
05.11.2003, 08:17
Hi pabchem,
vielen Dank für Deine 2 ausführlichen Statements erstmal!
Ein Fachgeschäft mit freundlichem Ausleihserce habe ich leider nicht in meiner Nähe. Somit muss ich wohl oder übel ins Dunkle kaufen. Werde das alles nochmal sacen lassen und schauen, zu welche Brennweite es mich zieht. Das SP90 reizt natürlich sehr, nachdem es derart gut hier im Test abgeschnitten hat. Ich bin noch sehr unentschlossen.
Viele Grüße und nochmals Dank für die Mühe!
Micha