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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Warum keine hochwertigen Optiken aus Kunstoff?



Malte
28.06.2004, 20:09
Hi kann mir jemand sagen aus welchem Grund man heutzutage in hochwertigen Objektiven keine Kunstofflinsen verwendet? evtl. zu teuer?

Grüße Malte

Micha67
28.06.2004, 20:27
Alterung, Kratzempfindlichkeit, Farbunechtheit, schwierige Verkittungstechnik, Verziehen unter mechanischer Krafteinwirkung, ungünstigere Ausdehnungskoeffizienten.

Alles mal Parameter abseits des 'Plaste ist uncool', die die Nutzung von Kunststofflinsen in hochqualitativen Objektiven noch verzögern werden.

Ja, es gibt Plastiklinsen in vielen Consumerobjektiven (wegen Kratzempfindlichkeit meist nicht unbedingt die Front- oder Rückelemente). Auch recht beliebt geworden ist die Nutzung von Kunststoff-Schichten in Hybridtechnik auf Glas zur preisgünstigen Produktion nicht-geschliffener asphärischer Flächen.

hx bx
28.06.2004, 20:31
weil meines wissens keine Kunstofflinse auch nur annähernd die
Qualität von hochwertigen Gläsern erreicht.

Die präzisse Fertigung dürfte nicht in der Qualität wie
bei Glas möglich sein.

Ich denke auch die Temperaturstabilität ist bei Gläsern besser, d.h.
Ausdehnung bei Temperaturschwankungen.

Und vor allem die optische Qualität dürfte eher bescheiden sein!

powermaxi2000
28.06.2004, 22:19
Also technisch machbar wäre es sicherlich, die Frage ist nur wie teuer wird das ganze dann.

Micha67
28.06.2004, 22:27
Der optische Apparat unseres Auges ist deutlich schlechter als die allermeisten Fotoobjektive für KB. Die 'Sehauflösung beträgt im Bereich des schärfsten Sehens gerade mal 0,5-1 Bogenminute. Und dies auch nur im Zentrum des Gesichtsfeldes.

In diesem Fall (wie auch bei vielen Ferngläsern) ist eine mäßige Optik noch verzeihlich. Man könnte sogar noch härter sagen: unsere Brillen sind alles Einlinser ohne jegliche Farbkorrektur. Dennoch wirkt sich dies nicht aus. Der Grund ist einfach: wir sehen ohnehin nur im Zentrum richtig farbig - und dort wirken sich die Farbquerfehler kaum aus.

HKO
28.06.2004, 22:35
wir haben eine Soft dahinter, die die multiplen Fehler wieder gerade bügelt, die die 'Motivklingel', das Erkennen des Bildwichtigen eingebaut hat, die eine perfekten AF steuert, die eine Bildnachbearbeitung motiv-abhängig perfektioniert, trainierbar ist usw.
Da ist die Optik relativ irrelevant.

Micha67
28.06.2004, 22:55

HKO
28.06.2004, 23:35
Auch wenn man optische Leistungen im Tierreich mit der Leistungsfähigkeit unserer Augen vergleicht, schneiden wir wirklich nicht schlecht ab, wir haben eines der besten Allrounder-Systeme verpaßt bekommen, andere Viecher wie z.B. Greifvögel z.B. haben zwar überragende Schärfe, aber eben nur Schwarzweiß.

Micha67
29.06.2004, 01:33
... irgendwo müssen die Zellkerne ja auch noch Platz finden. Ist eh schon erstaunlich, wie unser Film (die Retina) es schafft, die Sensoren so eng zu packen und so lichtempfindlich zu gestalten, dabei aber noch einen gigantischen ISO-Verstellbereich hinzubekommen.

BTW: das optische System Auge ist in der Tat soo schlecht auch wieder nicht. Immerhin wird es ab Pupillendurchmessern von unterhalb ca. 1,5 mm bereits halbwegs Beugungs-limitiert (Sehfehler mal ausgeschlossen). Phantastisch auch die 17mm f4.5 bis f19 Wasserimmersionsoptik vor gekrümmter Sensorkonstruktion mit online-EBV zur Verzeichnungskorrektur. Den Leica-Ingenieuren (Wunsch nach Digitalsensoren an M-Kameras) könnten da wohl die Tränen kommen ... ;-)

Helmut Faugel
29.06.2004, 13:10
[Micha67 schrieb am 28.06.04 um 19:27:18]
> Alterung

Ja, in der Regel mit einhergehender Verfaerbung.

> Kratzempfindlichkeit

Ist kein sehr dominierendes Problem.

> schwierige Verkittungstechnik

Es wird ohne hin nicht mehr verkittet sondern mit unter
UV-Licht haertenden Harzen oder Klebern gearbeitet.

> ungünstigere Ausdehnungskoeffizienten.

Das ist ein Teilaspekt eines viel groesseren Problems,
naemlich der um mindestens einer Zehnerpotenz groesseren
Temperaturabhaengigkeit des Brechungsindex im Vergleich
zu Glas die den Einsatz vereiteln. Lediglich als duenne
Schichten um Hybridasphaeren herzustellen finden derzeit
Kunststoffe in Fotoobjektiven Verwendung.

Weitere Probleme bereitet die Tatsache das die in der Optik
genutzten Kunststoffe relativ hohe Streulichtanteile produzieren,
auch ist die Aufnahmefaehigkeit von Wasser je nach Anwendung
ein Problem.

> Ja, es gibt Plastiklinsen
> in vielen Consumerobjektiven (wegen Kratzempfindlichkeit meist nicht unbedingt die
> Front- oder Rückelemente).

Es gibt sie meines Wissen nicht, wenn man mal Einwegkameras ausser acht laesst.

Kunststofflinsen sind noch immer eine Domaene von 'unkritischen'
Anwendungen wie Suchersystem und aehnlichem.


Viele Gruesse

Helmut Faugel

Micha67
29.06.2004, 13:49
>> Kratzempfindlichkeit
>
> Ist kein sehr dominierendes Problem.

Es reicht um Hybridasphären nicht mit Plastik nach außen anbieten zu wollen/sollen.

>> schwierige Verkittungstechnik
>
> Es wird ohne hin nicht mehr verkittet sondern mit unter
> UV-Licht haertenden Harzen oder Klebern gearbeitet.

Bin halt ein Traditionalist, da nennt man das verkleben von Linsen halt immer noch verkitten. ;-)

>> Ja, es gibt Plastiklinsen in vielen Consumerobjektiven (wegen Kratzempfindlichkeit
>> meist nicht unbedingt die Front- oder Rückelemente).
>
> Es gibt sie meines Wissen nicht, wenn man mal Einwegkameras ausser acht laesst.

Ich meinte hier die schon beschriebenen Hybrid-Asphären. Die schießen aus dem Boden wie die Pilze. 'Asph.' Klingt ja auch so schön. Am Besten gleich im Kombipack mit 'Apo'.
;-)

> Kunststofflinsen sind noch immer eine Domaene von 'unkritischen'
> Anwendungen wie Suchersystem und aehnlichem.

OK, dort findet man auch 100%-igen Reinplastiklinsen. An den Teil der Optik hatte ich gar nicht gedacht.

Nicola Fankhauser
29.06.2004, 13:59
> Ich meinte hier
> die schon beschriebenen Hybrid-Asphären. Die schießen aus dem Boden wie die Pilze.
> 'Asph.' Klingt ja auch so schön. Am Besten gleich im Kombipack mit 'Apo'.
> ;-)

heisst das bei optiken von sigma mit Apo anhängsel sind solche hybrid-linsen drin? wie steht es mit tamron optiken, ist es dort das kürzel ASL? wie sieht es bei den anderen herstellern aus?

wie verhalten sich diese hybrid-linsen im laufe der jahre? werden die trüb?

gruss
nicola

Micha67
29.06.2004, 14:32
> heisst das bei optiken von sigma mit Apo anhängsel sind solche hybrid-linsen drin?

Sorry wegen der Verwechslungsmöglichkeit. Nein, das Apo steht für 'Apochromatisch', ein nicht geschützter (und somit je nach Hersteller sehr unterschiedlich kritisch eingesetzter) Begriff, der eine weitergehende Farbkorrektur durch Spezialgläser andeuten soll. Dies hat mit Asphären bzw. Hybridasphären nicht direkt zu tun.

> wie steht es mit tamron optiken, ist es dort das kürzel ASL?

Ja, das könnte auf einen Hybridasphären hindeuten, besonders dann, wenn der Preis keinen geschliffenen Asphären erwarten lässt.

> wie sieht es bei den anderen herstellern aus?

Ebenso. Ein 'Asph.' oder 'asphärisch' in der Produktbezeichnung sagt noch nicht aus, ob wir es mit einer hochgenau geschliffenen asphärischen Glasfläche zu tun haben, oder ob es sich um Hybridlinden handelt, bei denen auf sphärisches Glas mit Preß-, Zentrifugations-, sonstwas-Techniken Kunststoffe bzw. dicke Lackschichten zur Ausbildung der asphärischen Oberfläche aufgebracht werden.

> wie verhalten sich diese hybrid-linsen
> im laufe der jahre? werden die trüb?

Vielleicht nicht unbedingt trüb, aber Farbveränderungen über die Jahre kann man nicht unbedingt von Vornherein ausschließen. Ich würde das Thema jetzt nicht unbedingt aufbauschen wollen, ... die Jahre werden es zeigen.

Übrigens: Farbveränderungen gibt bzw. gab es auch bei Glaslinsen. Das FD 35mm mit der lustigen nach innen gekrümmten Frontlinse (invertierte Telekonstruktion) hat ein Glaselement mit radioaktivem Strahler (Thoriumfluorid), der über die Jahre zu zunehmender grüngelblicher Verfärbung des Glases führte.

Helmut Faugel
29.06.2004, 14:51
[Nicola Fankhauser schrieb am 29.06.04 um 12:59:28]
> > Ich meinte hier
> > die schon beschriebenen Hybrid-Asphären.
>
> wie sieht es bei den anderen herstellern aus?

Canon und wohl auch Minolta verwenden die in ziemlich
grossem Umfang auch in sehr guenstigen Objektiven,
zB. Canon EF 3,5-5,6/28-80 und dessen Nachfolgern
(da fehlt derzeit der Ueberblick).

> wie verhalten sich diese hybrid-linsen
> im laufe der jahre? werden die trüb?

Die Schichten sind wohl ausreichend duenn um keine
groesseren Probleme durch Truebung oder Verfaerbung
zu bereiten.

Jedenfalls ist mir beim 15 Jahre altes EF 3,5-4,5/28-70 II
noch nichts negatives aufgefallen.


Viele Gruesse

Helmut Faugel