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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Warum werden Objektivdesigns so selten kopiert?



Kusie
24.12.2008, 00:57
Hallo,

aus der Rubrik "was ich schon immer mal fragen wollte"... warum werden eigentlich Objektivdesigns so selten kopiert? Da hat derzeit z.B. Nikon mit dem 14-24 2,8 ja anscheinend das Nonplusultra der WW-Zooms kreiert und nicht wenige Canonuser lecken sich die Finger nach sowas.
Nun warum geht Canon (oder auch Tamron, Sigma, Tokina) nicht hin und kopiert das optische Design 1:1 und bringt einen "Klon" heraus mit identischen opltischen Eigenschaften, natürlich mit anderem Gehäuse usw also mit den jeweiligen Detailveränderungen, um es bezüglich rechlicher Dinge (Plagiatsvorwürfe) unbedenklich zu machen ... bin ich zu naiv wenn ich vermute dass es mit den heutigen technischen Möglichkeiten möglich sein müsste relativ genau herauszfinden, wie die einzelnen optischen Gruppen aufgebaut sind und aus welchem Material die sind? Manchmal wird ja sogar der Linsenaufbau schematisch veröffentlicht.

Oder meint Ihr Canon könnte das, tut es aber nicht um sich entweder nicht die Blöße zu geben nicht selbst sowas gekonnt zu haben oder wollen die sich nicht Konkurrenz zu den bereits existierenden Linsen (16-35) aus eigenem Haus schaffen?

Das täte mich mal interessieren :-)

Gruß,
Kusie

mucfloh
24.12.2008, 12:28
hallo kusie,

interessante fragestellung - zumal wir in einer zeit leben, in der viel kopiert und nachgeahmt wird. speziell in china ist es sogar geachteter bestandteil der wirtschaft, dinge möglichst perfekt zu kopieren, und anders als bei uns ist es keine schande, eine (mehr oder minder) gute kopie von etwas zu verkaufen. das fängt bei kleinen dingen wie z.b. mechanischen uhren an und hört selbst bei komplexen geräten wie werkzeugmaschinen noch lange nicht auf.

in japan ist das ein wenig anders - hier hat man eine etwas andere einstellung zu kopien. zwar waren die ersten fotoapparate kopien von europäischen vorbildern, aber die gesamte fotoindustrie in japan hat in den letzten 60 jahren eine technologisch führende position errungen - und dies durch zahlreiche eigene innovationen, auf die man aus gutem grunde stolz ist.

da erscheint es schon aus diesem grund fragwürdig, dass canon sich die blössse gibt, ein objektiv vom grössten mitbewerber zu kopieren - und sei es nur vom aufbau oder von der linsenanordnung.

dazu kommt, dass es nicht reicht, die linsenanordnung oder den genrellen aufbau eines objektivs nachzubauen - es sind die letzten "5%", die bei der konstruktion geheim bleiben und die es entweder zu einer gurke oder zu einer toplinse machen.

last but not least weiss man bei canon wie bei nikon, dass man nicht nur toplinsen im programm haben kann, sondern auch "durchschnittliche" - und dies in jeder preisklasse. von daher würde ich nicht warten, bis canon ein 14-24 kopiert - zumal das 16-35 ja bereits mehrfach optimiert wurde (bzw. die zooms in dieser klasse)

grüssles

mucfloh

juli29
24.12.2008, 12:36
Könnte es in D auf das Linsendesign nicht sogar Schutz geben (Gebrauchsmuster oder so)?

Aber schön wäre es schon, so ein erstklassiges 14-24 hätt ich gerne bei Canon :D

Dieter Winter
24.12.2008, 12:58
Es nutzt wenig, die Linsengruppen zu kopieren. Wichtig ist auch, aus welchem Glas die Linsen zusammengesetzt sind. Nicht umsonst gibt es die Glasforschung für optische Linsen.

HKO
24.12.2008, 14:32
Hinzu kommt, daß manches komplizierter geworden sein dürfte, da nun Linsen nicht mehr mit stark bleihaltigen Gläsern gemacht werden dürfen. Ich fürchte da auch anderweitig Probleme, z.B. bei der jetzt vorgestellten Neuauflage des 2.8/21 Zeiss.

Im Übrigen gibt es ja viele vom Linsendesign her baugleiche Modelle auf dem Markt, z.B. Tamrom 14 und Nikon 14 mm.

ehemaliger Benutzer
25.12.2008, 02:46
Ich fürchte da auch anderweitig Probleme, z.B. bei der jetzt vorgestellten Neuauflage des 2.8/21 Zeiss

Horst, teile uns doch bitte Deine Befürchtungen mit! Hat es etwas mit der Qualitätsfrage (des Glases) zu tun?

ehemaliger Benutzer
25.12.2008, 09:13
Wahrscheinlich aus dem gleichen Grund, warum sich andere Marken nach Kleinoden wie dem Canon 85 1.2 die Finger lecken, ohne sowas zustande zu bringen ;) Eine 1:1 Kopie sollte dezente rechtliche Folgen haben ...

Es ist eher allgemein die Frage, wieso die Firmen mal hier, mal dort führend sind. Man könnte doch annehmen, dass sich eine Ausbildung zum Optik-Ingenieur nicht nur auf die Berechnung von einzelnen Objektiven beschränkt.

HKO
25.12.2008, 12:35
Horst, teile uns doch bitte Deine Befürchtungen mit! Hat es etwas mit der Qualitätsfrage (des Glases) zu tun?

Das neue 21er muß in jedem Fall neu gerechnet worden sein, weil, wie gesagt, verschiedene Glassorten (wegen des Bleigehaltes) jetzt nicht mehr zur Verfügung stehen. Wie sich das auswirkt, muß man abwarten.

Das Ganze ist eine völlig blödsinnige Verordnung in Bezug auf fotogrfische Objektive, denn wer lutscht daran stundenlang herum oder schmeißt sie einfach in den Müll ?

Kusie
25.12.2008, 14:42
Hallo,

danke schonmal für die bisherigen Antworten. Vermutlich ist es wenig wahrscheinlich hier jemand zu finden der hierzu eindeutige Antworten geben kann, es sei denn er wäre Mitarbeiter der Entwicklungsabteilung von Canon oder so, aber selbst dann würde das vermutlich unter Betriebsgeheimnis fallen... für mich als Laien ist es halt sehr schwer abzuschätzen wie hoch der Aufwand wäre ein gutes Objektiv zu kopieren.

Es fällt mir auch schwer zu verstehen warum man z.B. die verwendeten Glassorten und Zusammensetzungen mit der heutigen Analytik nicht 100% exakt bestimmen könnte.

Auch die Frage ob ein bestimmtes Objektiv bzw. dessen Linsendesign überhaupt geschützt/patentiert werden kann ist offen - so hat z.B. Canon sicher diverse Patente auf sein IS System mit Piezoelementen angemeldet, was aber Nikon, Sigma und Tamron nicht davon abhält eigene IS-Systeme (die sicher fast identisch arbeiten) auf den Markt zu bringen. Auch basieren die gängigen 50 mm Linsen zumeist auf demselben Urdesign (Gauss-Typ?) und keiner verklagt deswegen den anderen...

Wenn man sich mal Seiten wie:
http://www.luciolepri.it/lc2/marcocavina/articoli_fotografici/Canon_EF_50mm_f_1,0_L/00_pag.htm
bzw.
http://www.luciolepri.it/lc2/marcocavina/articoli_tecnici_fotografici.htm
ansieht (verstehen tu´ ich da nix, aber die Diagramme reichen mir), dann scheinen die Details von der Zusammensetzung der Gruppen bis zu den Brechungsindizes der Teillinsen offen zu liegen, warum sollte man das nicht kopieren können?

Gruß,
Kusie

knet
25.12.2008, 16:16
Es fällt mir auch schwer zu verstehen warum man z.B. die verwendeten Glassorten und Zusammensetzungen mit der heutigen Analytik nicht 100% exakt bestimmen könnte.


Vielleicht kann man die chemische Zusammensetzung ziemlich gut rausfinden. Das ist aber wahrscheinlich nicht alles. Ich kenne mit der Fertigung von Linsen nicht aus. Wenn ich andere Bereiche jedoch betrachte, dann kann ich mir sehr gut vorstellen, dass das "Rezept" mindestens genauso wichtig ist wie die "Zutaten".

Zum "Kopieren", Patenten, Innovationen, usw. Mindestens in der IT-Branche ist (oder war?) ueblich, dass die grossen Firmen unter sich Abkommen bzgl. Patente, usw treffen. Mindestens in einem gewissen Rahmen. Dadurch koennen sie Verfahren und Methoden, die die Konkurrenz 5 Minuten frueher angemeldet hat, problemlos selber verwenden. Als Gegenleistung verpflichten sie sich, jaehrlich eine Mindestanzahl an Patenten, Innovationen, usw. anzumelden. Sie sparen sich quasi den juristischen Aufwand.
Vielleicht haben wir es beim Objektivbau mit einer aehnlichen Situation zu tun. Sozusagen ein Gentlemen’s Agreement. Bis zu einem gewissen Punkt.

MichaelAC
25.12.2008, 16:23
Hallo.


..., warum sollte man das nicht kopieren können? ...

Weil das "können" meistens zwar eine Rolle spielt, aber von sehr untergeordneter Priorität ist (für Ingenieure wie mich immer wieder schwer zu akzeptieren ;)).

Canon oder Nikon treffen die Entscheidung aus kommerziellen Gesichtspunkten, und da spielen Aspekte die Hauptrolle wie Produktmix (habe ich schon so eine Linse im Programm, vielleicht nicht so gut, aber sie verkauft sich gut (genug) ...), wofür setze ich meine F&E-Ressourcen ein (vielleicht eben gerade für eine Linse, die andere nicht im Programm haben), usw.

Dass man etwas kann ist eben überhaupt kein Grund, es auch zu machen.

Denk ich mich so ...

Gruß, Michael

ehemaliger Benutzer
25.12.2008, 16:34
Das neue 21er muß in jedem Fall neu gerechnet worden sein, weil, wie gesagt, verschiedene Glassorten (wegen des Bleigehaltes) jetzt nicht mehr zur Verfügung stehen. Wie sich das auswirkt, muß man abwarten.

Das Ganze ist eine völlig blödsinnige Verordnung in Bezug auf fotogrfische Objektive, denn wer lutscht daran stundenlang herum oder schmeißt sie einfach in den Müll ?

Macht man Linsensuppe nicht aus ollen Objektiven? :D

Laut einem Zeiss MA auf der Photokina hat eines der neuen Objektive sogar eine Linse mehr, weil es Bleifrei sein muss. :eek:

Grüße
Giorgio