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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Neue Objektive?



ehemaliger Benutzer
10.10.2013, 09:33
Seit dem ich kürzlich in älteren Fotobüchern geblättert habe beschäftigt mich ein Gedanke.

Machen die neueren Objektive (also die Nachfolgervarianten) mit ihrem mehr an Schärfe, Brillanz, Kontrast und besseren Korrektur wirklich immer Sinn? Sind es nicht gerade die älteren Objektive die einen gewissen Scharm und Reiz haben. Das Gefühl von Wärme, Vertrautheit und der reduzierten Schärfe der Realität....

Seit dem ich das 24-70 II habe, ist mir beim betrachten der Bilder gerade die absolute Schärfe und Klarheit oftmals das, was in mir ein Empfinden der Kälte hervorruft. Dies trifft insbesondere bei Bildern mit Menschen zu, da hier jedes, auch nur so kleinste Detai in brilianter Schärfe gnadenlos wiedergegeben wird und in der EBV nahezu alle Gesichter der manuell maskierten Weichzeichnung bedürfen. Desweitern erzeugt die fehlende Vignetierung oftmals einen viel flacheren Eindruck als gewünscht. Oder ist es nur ein Phase??? Zur Zeit empfinde ich das 50 1.2 mit seinem Look als viel gefälliger gegenüber Objektiven neuster Generation.

Mit dem zunehmenden Pixel verbunden mit ultra Schärfe und absoluter klarer Brillanz erzeugen in mir die Bilder oft nicht mehr das Gefühl die Realität gefällig eingefangen zu haben, sondern erweisen sich als überzogen Härte der Realität, die mit aller Brutalität bis ins kleinste Detail vordringen will. Es wirkt einfach nurmehr digital und weniger realistisch. Wo bleibt dann die Phantasie, die angeregt werden soll mit der Betrachtung eines guten Bildes. Wollen wir nur mehr die Realität über-polarisiert (Digital) zeigen und wahrnehmen? Was machen dabei unsere Gedanken, Träume und Gefühle?

Ich hoffe ich konnte meine Gedanken einigermaßen verständlich zu Worte bringen.

Mich interessiert an dieser Stelle, ob ich der Einzige bin, mit solchen Gedanken.

Im Moment denke ich auch darüber nach mir gerade ältere Objektive zu beschaffen um damit mit unverblümten Scharm die Realität etwas weicher wiederzugeben.

Wie ist Eure Meinung hierzu?

Ich bin schon sehr darauf gespannt.

Gruß

Michael Jordan
10.10.2013, 17:13
Hallo Klaus,

Nein, Du bist sicher nicht der Einzige mit solchen Gedanken.
Für die Materialwiedergabe sind die neuen Objektive sicher ein Segen.
Ich glaube, dass sich mit ihnen im Laufe der Zeit auch die Sehgewohnheiten ändern können - also dass das "Perfekte" als "Normal" empfunden wird.

Wie immer kommt es auf das Anliegen oder das Ziel an. Vielleicht hilft auch einfach das Abstellen der kamerainternen Korrekturen für Vignettierung... Auch ein Weichzeichner vor dem Objektiv könnte das Resultat verbessern.
Alte Objektive sind auch eine Möglichkeit, die ich oft genutzt habe.

Verbesserte Technik führt nicht zwangsläufig zu verbesserter Wahrnehmung oder mehr Substanz im Bild - sie führt vielleicht nur zur verbesserten Abbildung.

viele Grüße

Michael

Motivklingel
10.10.2013, 17:36
Im Moment denke ich auch darüber nach mir gerade ältere Objektive zu beschaffen um damit mit unverblümten Scharm die Realität etwas weicher wiederzugeben.

Wie ist Eure Meinung hierzu?

Da Du schon das 24-70 II hast, würde ich an Deiner Stelle einfach ein Zeiss-Softar I 82x0.75 http://www.foto-palme.de/shop/product_info.php?products_id=45615 oder Zeiss-Softar II http://www.foto-palme.de/shop/product_info.php?products_id=45626 dazu kaufen, wenn Du mit der Weichzeichnung per EBV nicht zufrieden bist.

ZoneV
14.10.2013, 11:32
...Zur Zeit empfinde ich das 50 1.2 mit seinem Look als viel gefälliger gegenüber Objektiven neuster Generation.
...

Bei mir ist das Minolta 58mm/1.2 (http://www.4photos.de/camera-diy/minolta-rokkor-58-an-canon-eos.html) ein ähnliches Objektiv. Das nutze ich auch wegen der etwas weicheren Abbildung, und meiner speziellen Streulichtblende mit echter Vignettierung gerne auch für Landschaft und Architektur.

Das Meyer Trioplan 100 (http://www.4photos.de/test/Meyer-Goerlitz-Trioplan-100mm-2.8.html) ist wegen seines besonderen Bokehs bei Offenblende auch schon längers mein Favorit - zudem neigt es auch eher zu Streulicht.
Streulicht und Reflexe - also auch ein Gegenteil von perfekter Abbildung - rufe ich u.A. durch Objektive ohne Vergütung (http://www.4photos.de/camera-diy/Lens-Coating-Removal.html)hervor.
Zudem experimenteriere ich mit Apodisation, Kontrolle der sphärischen Abberation und Petzval Objektven mit Bildfeldkrümmung.

Optiken mit einer möglichst perfekten Abbildung habe ich auch, für Teleaufnahmen entfernter Landschaftsdetails möchte ich Schärfe und Kontrast über das ganze Bildfeld. Aber gerade bei Porträts, Blumen, Stillleben bewege ich mich auch gerne abseits möglichst hoher MTF bis zum Rand.

Biotar
14.10.2013, 12:27
Die neuen Objektive mit vermeintlicher Perfektion sind für mich genauso fortschrittlich, wie Smartphones mit Wegfall der real-sozialen Kontakte. Die (vermeintlich bessere) Schärfe ist absolut überbewertet und wird auch hier leider gehyped, ohne dass man sich mit den Hintergründen auseinandersetzt (oder setzen will), weil das Offensichtliche (die tolle Schärfe) ja so schön verständlich ist und das Gewissen (für eigentlich rausgeworfenes Geld) beruhigen hilft.

Tatsächlich werden die Leistungen der Optik-Ingenieure vergangener Tage aber wieder mehr anerkannt und es findet bereits ein Umdenken statt. Hubraum (gutes teures Glas) ist eben durch nichts (Turbo als äquivalent zu Asphären, und wissenschaftlich hochgezüchtete Vergütungen) zu ersetzen, als durch noch mehr Hubraum ...

l.e.connewitz
14.10.2013, 13:06
Ein Beispiel (http://justimagine-ddoc.com/art/25-astonishing-black-and-white-portraits-of-the-homeless-by-lee-jeffries/?utm_source=feedly&pid=10315) für ein wirklich gelungenes Portrait. Ohne Schärfe bis in die Ecken.
Garantiert nicht mit dem teuersten Glas von Canon aufgenommen

ehemaliger Benutzer
14.10.2013, 15:44
Ich persönlich finde es besser, ein scharfes Bild mit möglichst wenigen Abbildungsfehlern als "Ausgangsmaterial" zu haben.
Dieses z.B. weicher zu machen, ist wesentlich einfacher als ein weiches Bild scharf zu bekommen. ;)

Analoges gilt für die Vignette.

@TO: Du hättest doch viel Geld spaeren können und wärst zufriedener, wenn Du statt des 24-70 II einfach die alte Version gekauft hättest.
Wenn diese immer noch zu gut abbildet, kann man mit Filtern, Oberflächenbehandlung oder halt EBV nachhelfen.

Ich stelle übrigens nicht in Abrede, daß man mit alten Objektiiven fantastische Bilder machen kann, habe gerade selbst ein 35 Jahre altes Zeiss gekauft.

:)

Biotar
14.10.2013, 16:18
Ich persönlich finde es besser, ein scharfes Bild mit möglichst wenigen Abbildungsfehlern als "Ausgangsmaterial" zu haben.
Dieses z.B. weicher zu machen, ist wesentlich einfacher als ein weiches Bild scharf zu bekommen. ;)

Nein - genau das ist das falsch Gedachte. Du bekommst ein "weiches" Bild alter Objektive immer angemessen scharf, während du die Dynamikverluste der kontrastreichen modernen Rechnungen nie mehr korrigieren kannst.

ZoneV
14.10.2013, 18:58
Ich persönlich finde es besser, ein scharfes Bild mit möglichst wenigen Abbildungsfehlern als "Ausgangsmaterial" zu haben.
Dieses z.B. weicher zu machen, ist wesentlich einfacher als ein weiches Bild scharf zu bekommen. ;)

Analoges gilt für die Vignette.
...

Bei der Vignette ists bei mir Faulheit diese teils bei der Aufnahme hinzuzufügen.
Bei den diversen Objektiven die ich so nutze wird man sich schwer tun das in Photoshop sich so zurecht zu bügeln. Klar, können kann man es, aber es dauert dann eventuell Stunden, oder endet in unschönen Bildern die zwar prinzipiell den Effekt irgendwie zeigen, aber nicht überzeugen können.

Zudem tu ich mich leichter bei der Aufnahme bereits Effekte zu sehen.

ehemaliger Benutzer
14.10.2013, 20:00
Bei der Vignette ists bei mir Faulheit diese teils bei der Aufnahme hinzuzufügen.
Bei den diversen Objektiven die ich so nutze wird man sich schwer tun das in Photoshop sich so zurecht zu bügeln. Klar, können kann man es, aber es dauert dann eventuell Stunden, oder endet in unschönen Bildern die zwar prinzipiell den Effekt irgendwie zeigen, aber nicht überzeugen können.

Zudem tu ich mich leichter bei der Aufnahme bereits Effekte zu sehen.

Hmmh, und was machst Du mit den ganzen anderen Bildern, wo Du den entsprechenden Effekt nicht möchtest?

Biotar
14.10.2013, 20:09
Hmmh, und was machst Du mit den ganzen anderen Bildern, wo Du den entsprechenden Effekt nicht möchtest?
Die Optik mit dem entsprechenden Effekt einfach nicht benutzen? ;)

ehemaliger Benutzer
14.10.2013, 20:13
Die Optik mit dem entsprechenden Effekt einfach nicht benutzen? ;)

Diese Antwort hatte ich vermutet. :)

D.h. Ihr habt dann einfach viele verschiedene Optiken gleicher Brennweite mit verschiedenen Effekten zur Hand? Vignette und scharf, insgesamt weich, nur außen weich, Vignette und weich kombiniert, etc. etc. ;)

Biotar
14.10.2013, 20:15
Diese Antwort hatte ich vermutet. :)

D.h. Ihr habt dann einfach viele verschiedene Optiken gleicher Brennweite mit verschiedenen Effekten zur Hand? Vignette und scharf, insgesamt weich, nur außen weich, Vignette und weich kombiniert, etc. etc. ;)
Jepp

Biotar
14.10.2013, 20:17
... wobei natürlich viele Objektive auch mehrere Sachen können:
Vignette und Weichheit bei Offenblende - Schärfe und ohne Vignette leicht abgeblendet ... wie es die Physik halt so vorgibt.

ZoneV
14.10.2013, 21:47
Hmmh, und was machst Du mit den ganzen anderen Bildern, wo Du den entsprechenden Effekt nicht möchtest?

Wie schon erwähnt, eine Optik ohne Besonderheit nutzen.
Klar geht das nicht immer, und ein "Immerdrauf" läßt sich so auch schwerlich realisieren - aber zu was hat man eine DSLR mit Bajonett :D

Aber mir ist schon auch klar das dies ein zum Teil steiniger Weg ist, ich hab auch nicht immer alle interessanten Optiken in der Tasche, aber ich bin so glücklicher als mit Photoshop und irgendwas zurechtpimpen.
Und zumindest bei ein paar meiner Bilder scheinen die Betrachter meinem Geschmack recht zu geben (von den hunderttausenden anderen Bildern rede ich nicht).

Ich hab auch nicht jede Brennweite unbedingt doppelt, sondern begnüge mich halt mit dem was es gibt und bezahlbar/machbar ist.
Käuflich gibts nur 135mm mit Apodisationseffekt (richtig weiches Bokeh (http://www.4photos.de/camera-diy/Apodization-Filter.html)). Ich hatte aber auch schon 28, 58 und 200mm Objektive mit dem Effekt.
Vignette füge ich auch meist in Lightroom hinzu, die spezielle Streulichtblende habe ich nur beim 58/1.2 drauf.

TriStar
14.10.2013, 22:26
Wie ist Eure Meinung hierzu?


Nun, mir ist es nach meinem letzten Urlaub aufgefallen. Da ich eine MF-Kamera nebenher betreibe, sehe ich regelmäßig "unverfälschte" Bilder. Und dann wird es schlagartig sichtbar, dass Meine Kamera nichts anderes macht als sehr viel Mathe. Durch die Bildalgorithmen wird ein Bild erzeugt, von dem die Kamera glaubt es gesehen zu haben. Dadurch werden Strukturen geschluckt und Kontrastkanten hinzugefügt. Da der Mensch sowieso besser Kontrastkanten sieht, glauben wir, dass das Bild scharf ist. Erst bei genauerem Hinsehen erkannte ich, dass die Blätter an den Bäumen und das Gras der Wiese nur strukturlos dahingerechnete Bildinformation ist. Sie lässt auch keine Spielräume, denn die im Bild gespeicherte Information kann nicht verfälscht werden.
Bei meinen Dias habe ich den Eindruck, dass der Film sanfter ist. Er ist natürlich seinem Korn unterworfen, dass aber zufällig angeordnet ist. So besteht die Chance an jedem Punkt des Filmes mindestens eine Farbe wiederzugeben, abhängig vom Zufall.
Meine Sehgewohnheit hat sich dahingehend geändert, dass ich in der 100% Ansicht digitaler Bilder diese mathematische Ebene als Grenze wahrnehme und bei analogen Bilder das Korn. Was die Grundschärfe angeht bin ich der Meinung, dass das Objektiv scharf Abbilden können muss. Für mich steht mittlerweile die Frage auf was abgebildet werden soll im Vordergrund. Denn letztendlich sind unsere digitalen Bilder endlich. Sie sind nicht um die 100%-Grenze erweiterbar.