1. Vorwort
2012 hatte Canon die erste Version der G1X herausgebracht. Das große Plus der Kamera war, einen großen Sensor in einem relativ kleinen Gehäuse der Powershot-Serie untergebracht zu haben. Die Bildqualität der G1X war unbestritten sehr gut. Allerdings wollte ich damals die Kamera als leichte und mobile Ergänzung zu meinen DSLRs haben. Und als „Immerdabei-Allrounder“ konnte mich die G1X damals nicht überzeugen: für eine Powershot war sie mir doch zu klobig, die Naheinstellgrenze hat mich in kürzester Zeit zum Wahnsinn getrieben, die Geschwindigkeit des AF fand ich für diese Preisklasse auch nicht diskutabel und noch einige Punkte mehr. Die Kamera hatte ich dann auch sehr schnell wieder verkauft, wir passten einfach nicht zusammen.
Nun hat Canon also die G1X Mark II herausgebracht und schon die Naheinstellgrenze von 5 cm und endlich eine Anfangsbrennweite 24 mm ließen mich aufhorchen. Ich habe jetzt eine Woche mit der Kamera verbracht und möchte hier einige meiner Eindrücke teilen, vielleicht hilft es ja dem einen oder anderen.
2. Umfeld
Die Gesamtbeurteilung der G1X Mark II hängt in meinen Augen ganz wesentlich davon ab, für was man die Kamera einsetzen möchte. Durch den derzeitigen UVP (auf den komme ich noch) wird sie automatisch in die Konkurrenz zu spiegellosen Systemkameras gerückt und damit verglichen. Das finde ich zum einen in gewisser Hinsicht berechtigt, zum anderen aber auch nicht: nicht alles, was gleich viel kostet, ist auch vergleichbar. Eine moderne Mähmaschine kostet z.B. in der gleichen Größenordnung wie ein Lamborghini oder ein Rolls-Royce, trotzdem würde niemand diese drei Geräte miteinander vergleichen, einfach weil sie jeweils für ganz andere Bedürfnisse konstruiert wurden.
Canon hat sich bei der G1X Mark II bewußt für eine Einheit von Kamera und Objektiv entschieden, und nicht für ein Wechselsystem, denn dafür haben sie bereits die M-Serie oder gleich die kleinen DSLRs.
Ich denke aus meiner Erfahrung in den letzten Jahren, dass beide Systeme ihre jeweiligen Vorzüge und Nachteile haben. Für jemanden, der ein hochmobiles und flexibles Allein- oder Zweitsystem mit reichhaltiger Ausbaumöglichkeit sucht, ist die G1X Mark II wohl eher ungeeignet und er wird sie aufgrund des Preises und der Leistungsfähigkeit anders beurteilen, als jemand, der eben KEIN zweites Wechselsystem neben seiner DSLR-Ausrüstung haben möchte.
Für Fotografen, die ein DSLR-System haben und aus unterschiedlichen Gründen bzw. Anforderungen weiterhin behalten möchten, ohne auf den „Spiegellos-Zug“ aufspringen, ist die G1X Mark II sicher ganz anders interessant, weil sie klein, mobil, Lowlightfähig und mit einer guten Bildqualität ausgerüstet ist, die schon recht nahe an DSLRs liegen kann. Zudem ist mit ihr eine Freistellungsfähigkeit möglich, die mit anderen Edelkompakten mit ihren 1/1.7“ Sensoren nicht gegeben ist. Dazu kommen alltagstaugliche 24-120mm Brennweite und ein relativ lichtstarkes Zoom, alles in einem handlichen Paket - ich denke, dass die G1X Mark II durchaus ihren Markt und ihre Kunden hat (auch wenn der sicher kein Massenmarkt ist).
Ich selbst habe in den letzten Jahren immer ein ausführliches Zweitsystem geführt, zunächst mFT mit GH1/GH2, seit anderthalb Jahren dann Fuji X System. Es war zwar schön, damit nicht immer viel und auffällig schleppen zu müssen, sondern etwas Leichtes und Mobiles dabei zu haben, ohne sich in Sachen Bildqualität deutlich einschränken zu müssen. Aber damit verbunden sind zwei Objektivsysteme mit ihren Charakteristika, zwei Sorten Akkus, Ladegeräte, Zubehör, unterschiedliches Blitzverhalten etc etc. - das fand ich schon immer aufwendig und oftmals belastend.
Nachdem Canon die winzige 100D herausgebracht hatte, war dann auch innerhalb eines Systems möglich, was ich vorher durch Zweitsysteme abgedeckt hatte. Mit der 100D + EF-S 15-85 + 55-250 STM (und ggfs. 35/2.0 IS) habe ich seit einigen Monaten eine sehr kleine leistungsfähige Fotoausrüstung innerhalb des Canon-Systems dabei, bei der alles noch in eine Thinktank Retro 5 passt und die auch nicht schwerer und größer ist als meine bisherige Fuji X Ausrüstung. Diese werde ich jetzt verkaufen.
Kann schon sein, dass die Fuji X vielleicht noch einen winzigen Ticken besser sind, als die aktuellen Canon-Sensoren, die in der 100D verbaut sind. Aber ehrlich gesagt, spielt das für mich nicht mehr die entscheidende Rolle - jedermann kann mit dem heutigen Equipment jedes Herstellers ganz wunderbare und ausgezeichnete Fotos machen, zudem arbeite ich sowieso generell mit RAW und fasse jedes Foto einzeln an. Die Vorteile eines gemeinsamen Systems sind mir da wichtiger, alles passt zueinander, alleine die Vorteile eines gemeinsamen Blitzsystems finde ich wunderbar.
Für mich ist die G1X Mark II daher eine willkommene Lösung innerhalb des bestehenden Systems, wenn ich mal gar nichts wechseln und stattdessen eine kleine Allrounderin dabei haben möchte, die in eine Jackentasche passt und mit der ich in Sachen Bildqualität und Freistellung keine großen Kompromisse eingehen muß.
Unter diesem meinen sehr persönlichen Gesichtspunkt nun meine Erfahrungen mit der G1X Mark II.
3. Größe und Gewicht
Die G1X MkII ist der Versuch, im Kompaktkamera-Segment einen großen 1,5“ Sensor mit einem universalen, relativ lichtstarken 24-120/2.0-3.9 und bildstabilisierten Zoom in einem relativ kompakten Gehäuse zu verbinden.
Als Vergleich habe ich einige Fotos gemacht, welche die G1X MkII mit einer 100D, der derzeit kleinsten DSLR, und einer Edelkompakten zeigen: der Nikon P7800 mit ihrem 1/1.7“ Sensor, dem 28-200/2.0-4.0 Zoom, mit einem (einfachen) integrierten EVF und Klappdisplay (allerdings vollbeweglich, ohne Touchsteuerung).
Frontansicht (100D - G1X MkII - P7800)
Obenansicht:
Rückansicht:
Entfernung der internen Blitze von der optischen Achse:
Mit ausgefahrenen Objektiven im Betriebszustand (dabei 100D mit 18-55 STM):
Hier mit Telestellung (dabei die 100D mit dem 18-135 STM wegen einigermaßen vergleichbarer Brennweite)
Displays aktiv:
Die G1X MkII ist für eine Kompakte relativ schwer, ich war überrascht, als ich sie das erste Mal hochgehoben habe. Sie ist schwerer, als sie auf den ersten Blick erscheint. Hier die Kamera-Gewichte mal im Vergleich:
100D solo: 420 g.
100D + 18-55 STM : 627 g.
G1X Mk II: 557 g.
Nikon P7800: 400 g.